OVB Presseartikel vom 27. Januar 2014

Eigentlich wollten Lena Loidl aus Mühldorf und Verena Donislreiter aus Tüßling für den gemeinnützigen Verein „Bonfaremo“ in Kenia „nur“ beim Bau von zwei Klassenzimmern helfen. Am Ende starteten sie kurzerhand ihr eigenes kleines Hilfsprojekt.

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Lebensmittelausgabe bei den Massai: Lena Loidl (links) und Verena Donislreiter verteilen Waren, die sie von den Spenden aus Deutschland gekauft haben. Foto re

Mühldorf/Tüßling – Lena Loidl und Verena Donislreiter wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen zu erzählen. Die Geschichten über die Erlebnisse und die Eindrücke der letzten Monate sprudeln nur so aus ihnen heraus. Von Hunger ist die Rede, von Leid und von Tod. Aber auch von Freundschaft, von Hoffnung und von „unserem ganz persönlichen Weihnachtswunder“. Sie wissen, dass dieser Satz am Ende „ein wenig kitschig“ klingt. „Fast nach einer schlechten Vorabendserie im Privatfernsehen. Aber was sollen wir machen? Genauso war es.“

Dabei haben sich die beiden bis vor einem halben Jahr noch nicht einmal gekannt. Zum ersten Mal sind sich die Tüßlingerin Verena Donislreiter (21) und die Mühldorferin Lena Loidl (19) in Kenia begegnet. In Loitokitok um genau zu sein, einem Dorf an der Grenze zu Tansania. Dort entstehen unter Federführung des gemeinnützigen Vereins „Bonfaremo“ gerade zwei Klassenzimmer, Verena und Lena packten als freiwillige Helfer mit an.

Doch der Bau geriet immer wieder ins Stocken, sodass genügend Zeit blieb mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. So lernten die beiden Father Tito kennen. Der orthodoxe Priester hat in den vergangenen Jahren sein Wohnhaus zu einem Waisenhaus umfunktioniert und es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, die Kinder der Massai vor den Stammesritualen der Beschneidung zu bewahren.

„Egal, was über die Massai immer geschrieben und behauptet wird: Draußen auf dem Land hat sich an den Ritualen nichts geändert“, erzählt Verena Donislreiter. Nicht nur, dass Buben und Mädchen Beschneidungen ohne Betäubungen und hygienische Maßnahmen über sich ergehen lassen müssten, nach wie vor würden kleinen Kindern Schmucknarben ins Gesicht gebrannt.

Immer wieder nahm Father Tito Verena und Lena mit zu den Familien, die er im Umland von Loitokitok betreut. „Dort, bei den Massai und nur 30 Kilometer von unserem Dorf entfernt, haben wir Kenia von einer anderen Seite kennengelernt. Die Armut und Not der Menschen ist unübersehbar.“ Die Folgen: Krankheiten, Aids – und Hunger. „Manchmal legen die Mütter Steine in das kochende Wasser über dem Feuer, damit die Kinder glauben, dass tatsächlich etwas im Kochtopf ist.“

Die Ausflüge hinterlassen Spuren bei den beiden Mädchen, die Eindrücke schildern sie in Mails und via Skype den Eltern in Tüßling und Mühldorf, die spontan im Freundes- und Bekanntenkreis eine kleine Spendensammlung organisieren. Über 3000 Euro kamen so bis Mitte Dezember zusammen. „Der Tag, an dem die Mitteilung aus Deutschland kam, dass wir mit Father Tito einkaufen gehen sollen, war unser ganz persönliches Weihnachtswunder. Und seines auch.“

Bisher wurde der Priester von Spendern aus Griechenland unterstützt. Nun, in Zeiten der Wirtschaftskrise, bleibt das Geld aus. „Viele Griechen schicken ihm sogar Kopien ihrer Kontoauszüge, um zu beweisen, dass sie heuer einfach nichts spenden können“, erzählt Lena Loidl. Trotzdem hat Father Tito die beiden Mädchen nie um Hilfe oder Geld gebeten. „Das ist nicht seine Art.“

In aller Eile, noch bevor es kurze Zeit später wieder zurück nach Deutschland ging, erstellten Lena und Verena mit ihm eine Liste der Dinge, die sich dank des Geldes realisieren ließen. „Wir wollten nicht nur schnelle Hilfe leisten, sondern auch etwas Nachhaltiges tun.“ So bezahlten sie unter anderem das Schulgeld für mehrere Kinder im voraus. „Wenn wir etwas gelernt haben, dann das: Bildung ist die einzige Chance, die diese Menschen haben.“

Deshalb soll es auch nicht das letzte gute Werk für Father Tito gewesen sein: Verena Donislreiter und Lena Loidl erzählen an zwei Vortragsabenden über ihre Erfahrungen in Kenia – am 29. Januar um 19 Uhr im Pfarrsaal in Burgkirchen/Wald sowie am 6. Februar um 19 Uhr im Haus der Begegnung in Mühldorf. „Dabei sollen die Spender auch sehen, was wir mit ihrem Geld gemacht haben.“ Sogar an ein Benefizkonzert haben die beiden schon gedacht. Und natürlich an die Frage, wann es wieder nach Kenia geht. „Das lässt uns so schnell nicht mehr los.“ ha

(Link zum Artikel: http://www.ovb-online.de/muehldorf/wir-waren-sein-weihnachtswunder-3333806.html)